Autismus und die Darm-Hirn-Immun-Achse

Eins der heissesten Gesundheitsthemen heute ist die Ausbreitung von ASD (Autism spectrum disorder), einem weitgefassten Formenkreis von neurologischen, sozialen und organischen Symptomen:

1. Großer Bedarf an Struktur und Ritual, oft repetitive Handlungen. Man muss zB Objekte genau hintereinander ausrichten, und wird sehr unruhig wenn Routinen nicht eingehalten werden. Dies lässt an Überlastung und inneres Chaos denken, dem man entkommen will.

2. Soziale Signale werden nicht erkannt, wie Lächeln, Zwinkern, aber auch Grenzen, die gesetzt werden. Typisch ist auch Vermeidung des Augenkontaktes. Augenkontakt mag also ein Auslöser für unangenehmes Gefühl sein.

3. Die Sprachfunktion kann gestört sein, von verspäteter Entwicklung bis hin zu Stummheit. Auch die Sprache ist hier soziale Funktion – Schreien ist i.a. unbehindert. Es gibt aber auch Autisten ohne jegliche Sprachstörung.

4. Das Gehör von Autisten ist oft überempfindlich: Lärm und Nebengeräusche können nicht hinreichend ausgefiltert werden, was zum generell erhöhten Stresslevel führt, aber auch zu Behinderung von Konzentration und von gerichteter Interaktion.

5. Zwangsverhalten wie Kopf-Stoßen und Handwedeln, sowie aggressives oder selbstaggressives Verhalten weisen auf Schmerz und Überforderung hin.

6. Introversion und Zurückgezogenheit: dies kann eine Folge der vorgenannten Faktoren sein, aber auch ein unabhängiges Persönlichkeitsmerkmal.

7. „Hochfunktionelle“ Autisten können ausserordentliche Erinnerungs- oder mathematische Talente haben (Savant), wie zB ein fotografisches Gedächtnis. Derek Paravicini spielt Klaviermusik rein aus dem Gedächtnis. Stephen Wiltshire malt ganze Städte nach einem kurzen Überblick. Vielen herausragenden Wissenschaftlern wie Albert Einstein, Sheldon Cooper, Vera Birkenbihl, Richard Borcherds, Jacob Barnett wird eine Funktionsweise aus dem autistischen Spektrum (Asperger) zugeordnet.

8. Epileptische Anfälle können vorkommen

9. Organisch sind Bauchschmerz und Verdauungsstörungen typisch, und es wird dabei eine verarmte Darmflora beobachtet. Ggf sind auch Kontrollfunktionen der Ausscheidung beeinträchtigt

10. Schmieren mit Fäkalien kommt vor

Die Intelligenz ist also nicht generell eingeschränkt, aber die soziale Wahrnehmung und Austauschfähigkeit sind daneben gestört oder werden niedrig priorisiert. Typisch ist der spontane Beginn der Symptomatik im Kindesalter, und es sind Fälle bekannt, wo diese nach Wochen auch wieder völlig verschwindet [1][2]. In den meisten pathologischen Fällen geschieht das jedoch nicht spontan.

Die bio-psychologischen Grundlagen

Dr Ryke Geerd Hamer beobachtete bei introvertierten, zurückgezogenen Patienten eine Konstellation von mehreren aktivierbaren Konfliktthemen im sozialen Bereich, die sich im Hirn durch markierte Punkte (Hamersche Herde) in Bereichen der Fissura Sylvii und um die Insula darstellen. Er nannte dieses Areal die „Revierbereiche“ der Großhirnrinde und schrieb diesen besondere Merkmale zu: Konstellationen hier verschieben den Einfluss der entsprechenden Stressoren von körperlichen Symptomen hin zu stark verändertem Erleben und Verhalten, also zu psychologischen Symptomen, zu denen auch depressive und manische Zustände gehören, die je nach Konfliktbelastung wechseln können („Waage“) [3][4].

Die hier relevante Konstellation bezieht sich auf Themen der Identität, Position und Verankerung in der Gruppe („Revierärger“, „Revierangst“), sowie auf Kommunikationsangst („Schreckangst, Sprachlosigkeit“). Der Moment des Zusammentreffens von mindestens 2 dieser Konfliktthemen löst introvertiertes, „autistisches“ Verhalten aus. Der Konfliktursprung ist jeweils ein traumatisches Ereignis, das unerwartet, dramatisch, isolierend und strategie- und ressourcenlos erlebt wurde. Das daraus resultierende Verhaltensmuster jedoch wird ein Teil der Persönlichkeit und braucht fürs Auslösen dann keine Traumen mehr.
In Hirnstudien von Autisten wird Zellproliferation (vermehrte Anzahl bei geringerer Größe der Nervenzellen) im limbischen System gefunden, welches mit der Bewertung und Verarbeitung starker Emotionen assoziiert ist. [5]

Auf der Organebene sind die „Hirnrelais“ für Autismus mit Organteilen im mittleren Verdauungstrakt (Magenschleimhaut, Leber- und Pankreas-Ausführungsgänge) sowie im Kehlkopf verknüpft, und es können entsprechende Symptome der Infektanfälligkeit sowie Verdauungsstörungen auftreten. In Zusammenhang mit Aggression ist auch die Mastdarmschleimhaut im Analbereich sowie die Schließmuskelfunktion anfällig [4].

Die oben beschriebenen Merkmale von diagnostiziertem Autismus stimmen hiermit auffällig überein. Aber eine introvertierte Haltung mit Tieftauchen in die „intellektuelle Verdauung“ von Herausforderungen macht einen noch nicht zum pathologischen Autisten. Hier muss man weitere Faktoren in Betracht ziehen, die das Programm eskalieren lassen:

  • Im Hirn von Tieren und Menschen mit der typischen Symptomatik konnte sowohl das Neurotoxin Aluminium [6] erhöht nachgewiesen werden [7], als auch Marker von chronischer Entzündung [8] [9]. Durch Injektion mit infektionsvortäuschenden Substanzen konnte in vorher gesunden Ratten Verhaltensveränderung hin zu „Autismus“ erzeugt werden [10].
  • Seit der berühmten und zu Unrecht verurteilten „MMR-Studie“ von Dr Andrew Wakefield [11] wurde immer wieder gefunden, dass autistische Kinder eine neuartige Entzündungsreaktion im Darmtrakt aufweisen, die zu Schmerzen, Mikrobiomveränderungen [12] und Verdauungsstörungen führt. [13][14] Aufgrund von verschiedenen Aufnahmen wird auch Parasitenbefall vermutet. [15]
  • Entzündungen werden durch Zytokine verstärkt: das sind Proteininformationen interzellulärer Kommunikation. Bei Autismus werden erhöhte pro-inflammatorische Zytokinspiegel gefunden. [16]

Entzündungen sind prinzipiell Heilreaktionen, jedoch weisen chronische Entzündungsherde auf wiederkehrende/andauernde Schädigung des betroffenen Gewebes hin.

Die Darm-Hirn-Immun-Achse

Der Darm ist mit einem eigenen autonomen Nervensystem ausgestattet, welches sensorischen Input durch Rezeptoren in ihrer Schleimhaut aufnimmt. Die Co-Evolution von Nervensystem und Mikrobiom wurde erst kürzlich nachgewiesen [17][18]. Damit verwoben ist das Immunsystem, die körpereigenen Leuko-, Lymphozyten und Phagen, die die innere Integrität des Körpers definieren und wahren, indem sie fremde Substanzen und Zellen erkennen, beurteilen und interagieren.

Darmflora und Immunsystem werden bei und kurz nach der Geburt geprägt [19] und können sich durch langwährende Veränderungen zB der Ernährungsgewohnheiten und des Lebensstils verändern. Ihre Balance ist sowohl empfindlich für Stress, bestimmt aber wiederum auch die Reaktion auf Stress [20]. Mediator dieser Darm-Hirn-Achse ist der Vagusnerv [21].

Stress führt auch zur erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand, dem s g Leaky Gut [22], bei dem Produkte der Darmbakterien im Blut gefunden werden [23][24]. Man kann diskutieren, ob es sich hier um eine Notfallfunktionsänderung im Sinne von „Ausführungsgängen“ handelt, aber es kann zu einer Reihe weiterer Symptome führen wie erhöhter Schleimabbau im Darm, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Leberbelastung und Stoffwechselstörungen.

Speziell Zytokine – im Körper produzierte Signalproteine für die Zell-Interaktion -, die Entzündungsreaktionen einleiten und verstärken, sind im Gehirn von Autisten stark erhöht [16], was die Sensibilität im Darmtrakt erklärt. Wir erkennen also eine Kettenreaktion von Stress, Sensibilität, Funktionsänderung der Darmwand und Entgiftungs- sowie Reparaturmechanismen, die die sozialen und mentalen Eigenheiten von Autismus begleiten. Daraus ergeben sich Ansätze, den Betroffenen zu helfen oder gar das Muster aufzulösen.

Wie kann Autisten geholfen werden?

Bei der Darmgesundheit angefangen, zeigt sich, dass Befinden und Verhaltenssymptomatik von Darmreinigung und Aufbau eines gesunden Mikrobioms profitieren. Dazu gibt es Erfahrungen mit aktiviertem Natriumchlorit (NaClO2) [25][15], ggf der Meidung von Gluten- und kaseinhaltigen Produkten [23], und mit präbiotischer und probiotischer Kost [26][27].

Das endocannabinoide System spielt eine wichtige Rolle in der physiologischen Bewertung und Regulation der Hirn-Darm-Immunachse – das bedeutet, dass dies unser körpereigenes Resilienzsystem ist, was wir sowohl mit Bewegung, genügend Schlaf und Meditation pflegen, als auch durch Versorgung mit Bestandteilen der Cannabispflanze, die nervenschützende, stress- und zytokinregulierende, entzündungshemmende, verdauungsanregende und regenerierende Wirkungen hat. Sowohl soziale Autismussymptome als auch Darmwanddurchlässigkeit nahmen nach Gaben von Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabidiol (THC) ab. [28][29]

Auf diesem Weg wirkt auch Oxytocin, das „Empathie- und Sicherheitshormon“, auf das Verhalten, dessen Gabe im Versuch mit autistischen Kindern allgemein zu deutlichen Verbesserungen des Sozialverhaltens führte [30]. Oxytocin wird natürlich beim Flirten, Kuscheln und bei der Einleitung der Geburtswehen ausgeschüttet und reguliert Stress. (In 2 von 44 Fällen kam es während der Studie zu Episoden von Hyperaktivität oder von Aggression – aus dem Licht des „Waage“-Konzepts bei sozialen Konstellationen liesse sich dies erklären und weiter erforschen).
Noch effektiver wirkt Oxytocin in Gemeinschaft mit Serotonin, wobei das soziale Belohnungszentrum (Nucleus accumbens) im Hirn angesprochen wird [31].
Oxytocinausschüttung und Stressregulation gehören zum Einflussbereich des (ventralen) Vagus und zum SES (Social Engagement System, nach Stephen Porges‘ Polyvagaltheorie). Porges zeigte, dass Depression, Epilepsie und Zeichen von Autismus auf Stimulation des Vagus ansprechen. Er arbeitete heraus, dass Klangtherapie mit Frequenzen menschlicher Stimme einen günstigen Einfluss hat [32]
Direkt im Hirn von Autisten kann Behandlung mit transcranialer magnetischer Stimulation zu Therapieresultaten führen [33].

Die (Teil-)Erfolge auf all diesen Ebenen zeigt ihre Verknüpfung an, aber auch die Einzelfaktoren, die zur Eskalation eines Programms biologischer Exit-Strategie beitragen können.

Die META-Perspektive setzt das Puzzle zusammen


Es gibt keinen einheitlichen Autismus. Die introvertierte Persönlichkeit ist meist schon frühkindlich erworben, die Disposition womöglich familiär. Introversion ist eine Stress-Strategie, mit Herausforderungen im sozialen Umfeld fertig zu werden oder sie zu vermeiden. Nach Dr Hamer wird sie in 2 Bereichen der peri-insulären Großhirnrinde beider Hemisphären aktiviert, die dadurch in eine veränderte Arbeitsweise und Schwingung miteinander kommen. Die Aktivierung durch soziale Positions- und Zugehörigkeitskonflikte (wobei das endocannabinoide System offensichtlich geschwächt ist und die Produktion von Oxytocin gehemmt wird) geht mit Sensibilisierung im Magen- und Verdauungsbereich einher, evtl mit Schleimhautabbau und mit Veränderung der Verdauungssaftausschüttung. Dies scheint sich im Befund von „Leaky Gut“ zu spiegeln. Wenn diese Konflikte gegenstandslos werden, regeneriert sich schließlich auch die Verdauung.

Geschehen die ursächlichen Konflikttraumen in der Kinderzeit, kommt es zu mehr oder weniger auffälligem Entwicklungsstillstand/Regression auf der sozialen Ebene. Bei vielen Kleinkindern wurde spontane Regression kurz nach Immunisierung durch Impfen beobachtet [34][35]. Man kann spekulieren, ob es während der Situation umgeben von übermächtigen Fremden, oder durch das ohnmächtige Erleben der Impfverletzung selbst, zu solchen Konflikten kommt. Weiterhin wird vermutet, dass sich Substanzen und Adjuvantien aus dem Impfstoff in Geweben wie dem Hirn- und lymphatischen Gewebe sammeln [36][37]{38] und dort durch toxische Belastung die Konfliktsensibilität vergrößern. Durch das Impfen wird die Immunantwort angeregt, allerdings könnte es auch für Überreaktionen und Hypersensibilität mit verantwortlich sein [38], bei denen das endocannabinoide Resilienzsystem [39] verminderte Funktion zeigt.

Wenn die Neuroprotektion durch das Endocannabinoidsystem nicht gegeben ist, wird auch das SES ausser Kraft gesetzt, und es kommt zur Informationsüberforderung wie der Hypersensibilität für Geräusch: der gehörschützende Stapediusmuskel sowie der Trommelfellspanner werden von Anteilen des ventralen (sozialen) Vagus innerviert, der aber zugunsten der Erstarrungs- oder der Sympathikusreaktion gehemmt wird. Durch gezielte Klangtherapie und Vagusstimulierung, zB über Atemübungen wie der Buteyko-Methode [40][41], kann hier eine Umstimmung erzielt werden, die durch Cannabinoidergänzung weiter gefördert wird.

Die natürlichste Art, Kindern neue soziale und Selbsterfahrung zu eröffnen ist das Spiel unter Begleitung eines erfahrenen Facilitators wie es beim „Original Play – Playing by Heart“ ausgeübt wird [42][43]. Der Pionier O. Fred Donaldson und seine Schüler widmen sich u a auch Kindern mit Autismus und ADHD, und ermöglichen ihnen so die Auflösung des „Knotens im Gehirn“ durch erforschendes und erfülltes Spielen ohne Konkurrenzdruck. Dadurch gewinnen sie Sicherheit in Selbstausdruck und Selbstbestimmung innerhalb eines klaren Rahmens, was ihnen die Möglichkeit bietet, ihre hirngegebene Strategie im eigenen Tempo und Ausmaß zu revidieren.


Quellen:
[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2772235/
[2] M. Zappella, “Autistic regression with and without EEG abnormalities followed by favourable outcome,” Brain and Development, vol. 32, no. 9, pp. 739–745, 2010
[3] http://www.neue-medizin.de/html/schizophrenie.html
[4] Dr mag R.G.Hamer Wiss. Tabelle der Germanischen Neuen Medizin Ausg.2006 S.96-103
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4410529/
[6] http://pubs.rsc.org/en/content/articlepdf/2013/em/c3em00374d
[7] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0946672X17308763
[8] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ana.20315/abstract
[9] https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/1393597
[10] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0889159112002188
[11] http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(97)11096-0/abstract
[12] https://asunow.asu.edu/content/clues-about-autism-may-come-gut
[13] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5408485/
[14] https://news.nationalgeographic.com/news/2014/11/141114-autism-gut-brain-probiotic-research-biology-medicine-bacteria/
[15] https://andreaskalcker.com/en/pp-parasitical-protocol/
[16] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3554862/
[17] https://www.sciencedaily.com/releases/2017/09/170926105425.htm
[18] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4685587/
[19] http://www.nature.com/nrgastro/journal/v9/n10/full/nrgastro.2012.165.html
[20] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1113/jphysiol.2004.063388/full
[21] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3179073/
[22] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4253991/
[23] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20683204
[24] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5129651/
[25] https://andreaskalcker.com/en/remissions/
[26] http://news.nationalgeographic.com/news/2014/11/141114-autism-gut-brain-probiotic-research-biology-medicine-bacteria/
[27] https://microbiomejournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40168-016-0225-7
[28] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4253991/
[29] http://drbogner.com/endocannabinoid-system-autism-cannabis-part-1/
[30] https://www.nature.com/articles/mp2015162
[31] https://www.autismspeaks.org/science/science-news/study-provides-new-clues-oxytocin-autism-connection
[32] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4117928/
[33] https://www.autismspeaks.org/blog/2016/03/25/transcranial-magnetic-stimulation-autism-evidence-benefit
[34] https://www.focusforhealth.org/can-cdc-easily-dismiss-stories-regression/
[35] https://www.autismspeaks.org/science/grants/vaccination-regression-study
[36] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4318414/
[37] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22235057
[38] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4615573/
[39] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17369778
[40] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25924910
[41] http://buteykoclinic.com/anxiety/
[42] http://www.turningonthelight.com/visionamanda.html
[43] http://www.originalplay.eu/what-is-quotoriginal-playquot,4

Bilder:
https://pixabay.com/en/meltdown-autism-autistic-child-1312488/
IMMA (author Kora Klapp)
User BallenaBlanca via Wikimedia Commons
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Neue Forschungsergebnisse stützen Holobiontenkonzept

Meine Artikel zum Mikrobiom und unserer Persönlichkeit im Darm werden nun durch neue Forschungsergebnisse gestützt und ergänzt!

An der Uni Kiel wurde untersucht, wie unsere Mikrobenpopulation über das Nervensystem gesteuert wird:

Hydra www.mikrofoto.deIm Rahmen der Entwicklung des Nervensystems einer Hydra (Süßwasserpolyp) vom Eistadium bis zum ausgewachsenen Organismus verändert sich innerhalb von 3 Wochen ihr Mikrobiom drastisch, bis es sich in Zusammensetzung und lokalen Variationen stabilisiert. Daraus leiten die Forscher ursprüngliche und daher universell gültige Funktionsprinzipien des Nervensystems ab: in den Nervenzellen werden Neuropeptide (Botenstoffe aus Aminosäuren) produziert, die die Besiedlug mit Bakterienstämmen zulassen oder unterdrücken. [1]

„Bisher waren die Faktoren, die die Bakterienbesiedlung des Körpers beeinflussen, weitgehend unbekannt. Wir konnten zum ersten Mal nachweisen, dass das Nervensystem hier eine wichtige regulierende Rolle übernimmt“, betont Professor Thomas Bosch, Entwicklungsbiologe und Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“.

Der aktuelle Artikel dazu in der Ärztezeitung führt dies aus und enthält Links zur zugrundeliegenden wissenschaftlichen Arbeit.

In unserem Organismus kommunizieren also das Steuersystem mit Informationsträgern und funktionsausführenden Organen, Organellen und Mikroben, und diese Kommunikation und Symbiose wird während der frühen Entwicklung angelegt!

Integriert in dieses Orchester sind die Bakterien und Viren, die nicht nur unseren individuellen und sozialen mikrobiellen Fingerabdruck machen, sondern auch veränderlich sind durch unsere Reaktion auf die Umwelt [2]. Grenzen zwischen zum Körper gehörenden und selbständigen Lebensformen erscheinen damit willkürlich – die zelleigenen Mitochondrien, überlebensnotwendige „Kraftwerke“, die die Umwandlung und Regeneration von Energie in Form von ATP bewerkstelligen, sind ursprünglich importierte Bakterien! Sie haben eigene Erbinformationen und sind vom Zellplasma durch eine Doppelmembran getrennt, die beim notwendigen Proteinimport durch verschiedene „Nanomaschinen“ überwunden werden muss. Die Zusammenarbeit der mitochondrialen Gene mit denen des Zellkerns für die Funktion der Proteinbiosynthese ist fein abgestimmt. Zur Entstehung und Entwicklung der Mitochondrien gibt es laut aktueller Forschung an der Uni Freiburg nun eine neue Auffassung:

Das Mitochondrium bildete sich aus einer einfachen Bakterienzelle, die vor etwa zwei Milliarden Jahren von einer größeren Zelle aufgenommen und dann in ein Zellkompartiment, einzeln abgetrennte Reaktionsräume, umgewandelt wurde. Eine zentrale Voraussetzung für die Entstehung der Mitochondrien und somit für die Evolution komplexer Zellen war die Entwicklung einer effizienten Protein-Importmaschinerie. Bisherige Annahmen gingen davon aus, dass diese einmal entwickelt und danach nur noch leicht den Lebensbedingungen der jeweiligen Organismen angepasst wurde. Die neuen Daten zeigen: Zwar sind diese Import-Nanomaschinen sowohl bei Trypanosomen als auch beim Menschen aus etwa 15 verschiedenen Proteinen aufgebaut, die Bestandteile weisen jedoch bis auf drei Proteine keinerlei Ähnlichkeit miteinander auf. Das macht deutlich, dass das System in den Trypanosomen bis auf drei Grundkomponenten neu erfunden wurde. Die Entdeckung deutet darauf hin, dass die erste komplexe Zelle nur ein einfaches Importsystem besaß, aus dem in einem langwierigen Prozess eine hochentwickelte Import-Nanomaschine entstand. Die heutigen effizienten, aus vielen verschiedenen Modulen bestehenden Importsysteme haben sich also später als ursprünglich angenommen entwickelt, nachdem eine erste „Artenbildung“ von komplexen Zellen schon stattgefunden hatte. [3]

Das bedeutet, dass die Integration des sauerstoffverarbeitenden Bakteriums als Teil des Tierkörpers ein spezifischer und auf diesen abgestimmter, intelligenter Entwicklungsschritt war.

Genauso intelligent ist das Zusammenspiel von Mikroben und Informationsträgern, den Viren und ihren Partnern in unserem lymphatischen System. Ich vermeide gern den Begriff „Immunsystem“, da dieser mit der Vorstellung von „gut und böse“ und damit allzu simplistisch und irreführend ist.
Als Viren oder virenähnlich definierte „biologische schwarze Materie“ erhöht die Stabilität der Darmflora und der Resilienz der Gemeinschaft. Diese Phagen kontrollieren die Bakterienpopulation und kommunizieren ihrerseits mit den körpereigenen lymphatischen Zellen, indem Proteininformation ausgetauscht und ggf im individuellen sowie im sozialen System toleriert wird [4]. Entsprechendes belegt auch die Informationsverteilung über Insekten (ich erinnere an Beobachtungen und Erfahrungen als Reisende zwischen verschiedenen Ländern und Ökosystemen hier).

Kontakt zu natürlich vorkommenden Mikroben erhöht auch die geistige und psychische Gesundheit.
Zum Beispiel wirkt das Pilzbakterium Vaccae, das sich in Kuhmist und Gartenerde wohlfühlt, aufs limbische System, dem Gefühlszentrum des Gehirns. Dort wird unter Auschüttung des Botenstoffs Serotonin Glücksgefühl erzeugt und Ängstlichkeit vermindert [5],[6] . Chris Lowry von der Universität Bristol stellt nach seinem Experiment an Mäusen fest:

„Das Bakterium scheint in der Lage zu sein, sowohl die Balance im Immunsystem wiederherzustellen als auch die Produktion von Serotonin im Gehirn anzuregen“

Die Studie ist in diesem Artikel in der Welt beschrieben.

Dorothy Matthews von den Sage Colleges in Troy, New York, schloss aus ihren Experimenten:

„M. vaccae könnte eine Rolle bei Angst und bei Lernen spielen. Es ist spannend über Lernumgebungen in Schulen nachzudenken, die Zeit in der Natur enthalten, wo M. vaccae präsent ist. Man kann spekulieren, dass darin Ängstlichkeit abnimmt und das Lernvermögen für Neues gesteigert wird.“

LymphocyteDie Symptomatik „Angst und Depression“ wirkt sich auf unsere lymphatischen Zellen aus. Die für gelernte Immunmodulation verantwortlichen T-Lymphozyten zeigen bei depressiven Patienten, sowie bei chronischem Stress eine erhöhte spontane Apoptose (selbstinduzierter Zelltod), während gleichzeitig Immunaktivierungen und Entzündungen vorkommen. In diesem Zusammenhang spielt Tryptophan, Vorstufe zum Glückshormon Serotonin und dem schlafregelnden Hormon Melatonin, eine Schlüsselrolle: Tryptophan, welches die Bildung von T-Lymphozyten stimuliert, wird bei Entzündungsreaktionen abgebaut. Auch kognitive Funktionen und Lernkapazität sind bei reduzierten oder unfunktionellen T-Zellen vermindert [7].

Dies belegt unsere META-Health-Betrachtung des lymphatischen Systems als Funktion der Identität ond des Selbstverständnisses, und das Spannungsfeld zwischen Schutz durch Vermeidung und Abgrenzung, und dem durch Konfrontation:
Der Schlüssel zur Resilienz und einem glücklichen Leben ist also Eingebundensein in ein Ökosystem, Austausch mit der Umwelt und Toleranz der Verschiedenheiten. Gemeinschaftsgefühl macht stark. Dies konnte nun also auch auf der zellulären Ebene gezeigt werden.

Quellen:
[1] https://www.sciencedaily.com/releases/2017/09/170926105425.htm
[2] https://microbiomejournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40168-016-0212-z
[3] http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2016/pm.2016-12-19.171
[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4566309/
[5] https://www.sciencedaily.com/releases/2010/05/100524143416.htm
[6] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0376635713000296
[7] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2787959/

Bilder (wikimedia): www.mikro-foto.de Frank Fox, NCI Dr Triche